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Wir haben nun schon viele Möglichkeiten kennengelernt wie, warum, wo und wofür DIY betrieben werden kann. Es gibt persönliche, nachhaltige, finanzielle und viele weitere Motive etwas selbst zu machen. Doch ebenso gibt es politische und gesellschaftliche Gründe.

So möchte die sogenannte Radical-Crafting-Bewegung mithilfe von Handarbeitstechniken politischen oder gesellschaftskritischen Botschaften Ausdruck verleihen. Die textile Handarbeit wird dabei als Werkzeug und Medium des politischen Aktivismus genutzt (98).

Guerilla Knitting, Yarn Bombing oder Graffiti Knitting sind die bekanntesten Formen dieses Aktivismus. Mit textilen Eigenproduktionen, wie Gehäkelten oder Gestricktem, werden Bäume, Statuen, Brüstungen und viele andere Objekte eingehüllt. Diese Umhüllungen sollen ein stilles, aber farbenreiches und dadurch visuell auffallendes Zeichen des Unmuts gegenüber Missstände in Politik, Gesellschaft oder Wirtschaft darstellen (111). Das Internet dient als Kommunikationsmedium durch die Verbreitung von Fotos der Aktionen dabei als Multiplikator dieser Botschaften (98).

Beispiele für Yarn Bombing an verschiedensten Orten findet ihr hier.

Herkunft & Motive der Radical-Crafting-Strategie

Bereits Anfang der 1990er Jahre riefen die „Riot Grrrls“ eine Bewegung aus, die vom Massenkonsum abriet und stattdessen das Motto: „Mach es selbst!“ propagierten. Die alten, als antifeministisch verdächtigen, Handarbeitstechniken bekamen ein neues Image und wurden zum Zeichen feministischer Rebellion (107).

Die Motivation für Radical-Crafting-Strategien liegt zum einen in der Kapitalismuskritik. Es wird gegen den industriellen Massenkonsum und Warenüberfluss in den industrialisierten Ländern protestiert. Zudem soll der Markenfetischismus und die Überteuerung von Luxusgütern kritisiert werden. Zum anderen soll es als Gegenstrategie zur ausbeuterischen, menschenverachtenden Herstellung von Gütern in Sweatshops dienen und ein Zeichen gegen die historische Ausbeutung von Frauen setzen (98).

Ebenso wollen die Aktivistinnen die weiblich und konservativ konnotierten und meist im Privaten verorteten textilen Techniken, in den öffentlichen Raum bringen und somit eine Umkodierung und Wiederaneignung der traditionellen Handarbeit anregen (111).

„Knitta, Please!“

Guerilla Knitting wird jedoch nicht nur zum Ausdruck politischer Rebellion verwendet. Die Strickerinnen möchten ebenso für Aufmerksamkeit und Irritation bei den Passanten sorgen oder einfach etwas Farbe in das moderne, graue und eintönige Stadtleben, aus Beton und Glas, bringen (107). Die Texanerin Magda Sayeg legte mit der Gründung der Gruppe „Knitta, Please!“ im Jahr 2005 den Grundstein für den Trend des Guerilla Knittings. Ursprünglich wollte sie ihre unvollendeten Strickprojekte noch einen Sinn geben und fing an, damit sämtlich Objekte zu umhüllen. Mittlerweile gibt es weltweit Gruppierungen, die der Idee folgen und im Guerilla-Stil die Städte bestricken (111). So habe ich auch in der Augsburger Innenstadt Beispiele für die textilen Umhüllungen gefunden: